Station Stadtteilhaus

Der Kulturgarten

Ein Besuch des öffentlich zugänglichen Kulturgartens der Prießnitzstraße 18 lohnt nicht nur wegen der Außengastronomie in der warmen Jahreszeit. Hier sitzt man im Grünen unter Amberbaum und Blumenerle, Wildem Wein und Wildpflaume. Zudem öffnet sich von hier aus der Blick auf die Prießnitz, die naturnah am Rand des Sanierungsgebiets entlangplätschert. In manchen Jahren tummeln sich Forellen oder Biber im Fluss.

Im Sommer 2002 führte das Hochwasser der Elbe zu einem Rückstau in die Prießnitz. Auch das Stadtteilhaus und dessen Außenbereiche nahmen dadurch heftigen Schaden. Vergeblich kämpften Bürgerinnen und Bürger gegen die langsam, aber stetig steigende Flut.

Die mühsame Behebung der Folgen wurde zwar mit Fördermitteln der Hochwasser-Schadensbeseitigung finanziert, doch bereits 2013 überflutete die Prießnitz erneut das Grundstück und verursachte weitere schwere Schäden.

Dank der Eigenleistungen des Stadtteilhaus e.V. – wie auch schon nach dem Brandanschlag 2004 – und ausreichender Gebäudeversicherung konnte der Betrieb aber bald wieder aufgenommen werden. All das freiwillige und unfreiwillige Mitanpacken der Vereinsleute und Nutzer des Hauses barg immer wieder auch Chancen, gemeinsam etwas zu gestalten, sich einzubringen und so zusammenzuwachsen.

Die Nutzerschaft

So wie der Fluss mal überschäumt und mal austrocknet, ist auch das Leben im Stadtteilhaus einem fortwährenden Wandel unterworfen. Seine wechselnden Nutzer müssen es sich immer wieder neu aneignen und auch widrigen, einschränkenden Bedingungen trotzen.

Der Trägerverein Stadtteilhaus Dresden-Äußere Neustadt bietet seit dem Jahr 2000 verschiedenen Initiativen Raum und achtet dabei auf deren gesellschaftliches Engagement und ihren Beitrag zum Stadtteilleben. Zu den Mieterinnen und Mietern gehören dauerhaft und temporär Ansässige.

Die Bürgerwerkstätten zur Fortschreibung des Erneuerungskonzeptes für das Sanierungsgebiet Äußere Neustadt und weitere Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung fanden hier statt. Auch befand sich das Stadtteilbüro von Stadtplanungsamt und städtischer Sanierungsgesellschaft Stesad GmbH über lange Zeit im Gebäude.

Der Pantomime Ralf Herzog betrieb viele Jahre lang die Bühne »Wanne« im Erdgeschoss. Diese dient übrigens weiterhin als Veranstaltungsort, häufig für Theaterprojekte. Dazu gehört seit 2010 das Puppenspiel »Puppen an die Macht« in Kooperation mit der tschechischen Stadt Dolni Poustevna. Auch mit den umliegenden Schulen pflegt der Verein eine enge Zusammenarbeit.

Aktuell sind die Vereine Bürger Courage, Gerede und Gemeinsam länger lernen eingemietet; die Stiftung Äußere Neustadt trifft sich regelmäßig im Haus. Im Dachgeschoss kann man an Yoga- und anderen Kursen teilnehmen. Im Keramikatelier üben sich Kinder, Erwachsene und Jugendliche im plastischen Gestalten mit Ton. Auch Vereine wie sukuma arts und Akifra sowie die ökologische Verbrauchergemeinschaft »Futterkiste« sind hier zu Hause.

Der Verein versteht sich zudem als Dokumentationszentrum mit Stadtteilarchiv, er betreibt ein kleines Museum zur Bunten Republik Neustadt (BRN) und koordiniert wichtige Teile dieses Stadtteilfestes.

Aus der Vorgeschichte des Hauses

Bereits 1867 stand hier das »Louisenbad«, auch als »Dittmanns Kurbad« oder »Brettschneiders Kur- und Wannenbad« bekannt. 1895 neu errichtet, diente es der Bevölkerung noch bis Ende der 1960er-Jahre als Reinigungsbad, da die meisten Wohnungen im Viertel weder Wannen noch Duschen, ja nicht einmal warmes Wasser hatten. Die Anordnung der Kabinen lässt sich bis heute an der Struktur der Bodenfliesen im Keller ablesen. 1989 zog der letzte Mieter aus. Das leerstehende Gebäude von 1895 verfiel zusehends.

Die Wendezeit

Schon 1991 hatte die Bürgerinitiative Interessengemeinschaft Äußere Neustadt (IG ÄN) auf den Leerstand aufmerksam gemacht und besetzte gemeinsam mit Freunden zur BRN das Grundstück mit Spontangastronomie und -kultur, was für die Dauer des Festwochenendes geduldet wurde. Peer Alexander van Martens belebte die ehemaligen Baderäume im Souterrain künstlerisch. Im Hof stand eine Bühne, im ersten Obergeschoss wurde mit Fundmöbeln spartanisch ein Café eingerichtet, das Erdgeschoss diente als Galerie. Der ehemalige Buchhändler Kurt, seinerzeit ein bekannter Neustädter Obdachloser, der Bücher gegen Schnaps tauschte, veranstaltete täglich Lesungen und schlief auch mal seinen Rausch dort aus.

Damals suchten mehrere nichtkommerzielle, am Gemeinwohl orientierte Gruppen nach öffentlich nutzbaren Freiräumen und meldeten Interesse an einer Nutzung des Hauses an, das dafür Potenzial bot. Der Gedanke war geboren, ein Stadtteilhaus im Eigentum der Landeshauptstadt als ein von Bürgerinnen und Bürgern initiiertes und betriebenes Projekt zu führen.

1993 war es der Stesad GmbH endlich gelungen, die Prießnitzstraße 18 den zahlreichen Einzelerben abzukaufen. Eine Notsanierung samt Entkernung folgte. 1994 bildete sich aus Akteuren der IG ÄN die IG Prießnitzstraße 18, die einen Nutzungsvertrag erhielt und ein kleines Café betrieb sowie Veranstaltungen und Ausstellungen im noch unsanierten Gebäude ermöglichte. Sie arbeitete vom Beginn der Planungen 1995 an bis zur Eröffnung 1998 eng mit den Planern zusammen, sodass die Sanierung den bevorstehenden Aufgaben gerecht wurde. Die Erhaltung vieler schöner denkmalwerter Details wäre ohne die enormen baulichen Eigenleistungen dieser Initiativgruppe nicht möglich gewesen.

Vereinsgründung

Am 29. Januar 1997 gründete sich aus dieser IG heraus der Verein Stadtteilhaus Dresden-Äußere Neustadt e. V. Seine Aufgabe sah er darin, das sanierte Haus selbst zu verwalten und zu nutzen sowie sich an der weiteren Sanierung und laufenden Instandhaltung aktiv zu beteiligen.
Grundlegende Ziele waren und sind die Integration verschiedener Altersgruppen, sozialer Schichten und Nationalitäten; die Initiierung sozialer und kultureller Lernprozesse durch vielfältige und innovative Projekte sowie die Förderung kultureller und künstlerischer Aktivitäten.
In Zeiten sozialer und kultureller Umbrüche sollte das Stadtteilhaus einen identitäts- und gemeinsinnstiftenden Ort bilden. Der Verein wollte dabei mithelfen, kulturelle, soziale und ethische Werte, die das Zusammenleben in Zukunft tragen können, zu bewahren und neu zu bestimmen.

Daher lud er alle Initiativen in der Äußeren Neustadt zu einem Workshop in das Kulturzentrum »Scheune« ein, um gemeinsam das Raumnutzungskonzept für das Stadtteilhaus weiterzuentwickeln. Jeder Verein und jede Initiative, die einziehen wollten, sollten beim Innenausbau mithelfen. Mit diesem Konzept erhielt der Trägerverein 1997 eine Nutzungsgenehmigung und nach erfolgter Sanierung von Dach, Fenstern und Außenmauern 1998 einen Pachtvertrag, der auf dem per Satzung festgeschriebenen Konzept der Selbstverwaltung basierte. Somit übernahm der Verein in Abstimmung mit der Verwalterin des städtischen Eigentums Innenausbau und Ausstattung in Eigenregie, anteilig finanziert aus Städtebaufördermitteln.

Und heute?

2021 wurde die einsturzgefährdete große Stützmauer zum Nachbargrundstück Prießnitzstraße 16 gemeinsam mit dessen Eigentümern saniert, sodass Teile des Biergartens gesperrt waren. Ab 2023 wird er wieder zugänglich sein.

Aufgrund seiner besonderen, für den Stadtteil unverzichtbaren Arbeit wird der Stadtteilhaus e. V. seit vielen Jahren durch die Stadtverwaltung gefördert. Er ist in seiner Art zwar einmalig, aber doch vorbildlich für weitere geplante oder bereits realisierte ähnliche Häuser in anderen Teilen der Stadt.

Adresse
Prießnitzstraße 18

Koordinaten
51.065081,
13.759304

Lageplan

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