Station Gedenken

Ein schlichter Findling mit der Aufschrift „13. Februar 1945“ markiert diesen Ort, an dem bis zum Bombenangriff in jener Nacht das vierstöckige Eckgebäude Prießnitzstraße 2 stand. Es gehörte dem Verein Haus Wettin Albertinischer Linie e.V.

Typisch für die Gründerzeit war, dass das Erdgeschoss gewerblich genutzt wurde: Neben dem Friseursalon Alfred Uhlich waren laut Adressbuch von 1944 die Zigarrenhandlung Walter Jäkel und der Korbmacher Stoll hier ansässig. Außerdem führten die Witwen Käthe Horn das Lebensmittelgeschäft und Margarethe Beugel die Klempnerei ihrer vermutlich gefallenen Männer weiter. Die vormalige Fleischerei von Gustav Schäfer und die Schusterwerkstatt von Franz Matys erwähnt das Adressbuch bereits nicht mehr. Das bekannte „Schiller-Kaffee“ des Konditormeisters Wilhelm Patterson mit Terrasse zur Prießnitz war jedoch noch geöffnet.

Mündlich überlieferte Augenzeugenberichte schildern den Einschlag einer großkalibrigen Sprengbombe, die auch den als Luftschutzraum dienenden Keller zerstörte. Die Hausbewohner, eine große Hochzeitsgesellschaft und Straßenbahnfahrgäste der Linie 11, die nach dem Luftalarm hierher geflüchtet waren, kamen darin um.

Paul Pfund erinnerte sich noch, dass ihm sein Großvater Max, der die Molkerei besaß und das Nachbarhaus bewohnte, „bitterlich weinend erzählte, dass damals über 70 Personen ihr Leben verloren und man viele der Opfer auf dem Gehweg und in der Zufahrt zu seinem Grundstück Prießnitzstraße 6 [Hausnummer 4 fällt aus] aufgebahrt hätte“.

Vermutlich waren es Bauarbeiter, die in den 1950er-Jahren das Grundstück einebneten, welche den Stein an der Straßenecke platzierten. Von den Hausbewohnern hatte einzig der Sohn von Antonia Rosenkranz überlebt, weil er während des Angriffs nicht zu Hause gewesen war. Er hatte seine gesamte Familie im Zweiten Weltkrieg verloren. Er und nach ihm die Neustädterin Hildegard Peukert pflegten bis zu ihrem Tod den Gedenkort.

Nachdem das Kunstprojekt „Gravuren des Krieges“ 2003 diesen Ort  als Mahndepot „Ort 58“ im Fußweg gekennzeichnet hatte, legten am Jahrestag der Zerstörung engagierte Bürger hier spontan Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Über die Jahre verwilderte und vermüllte das Beet, wurde der Stein weggerollt und beschmiert. Die Stiftung Äußere Neustadt und der Stadtbezirksbeirat finanzierten 2019 eine Befestigung des Findlings und Einfassung des Beetes. Das Depot verschwand 2021 im Zuge der Baustelle zur Errichtung von „Pfunds Höfen“.

Adresse

Ecke Prießnitzstraße/Bautzner Straße (früher Prießnitzstraße 2)

Koordinaten

51.064048,
13.761451

Lageplan

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